Die 23-köpfige Besatzung des Fischerbootes „Daigo Fukuryu
Maru“ ("Glücklicher Drache Nr. 5") warf am Morgen des 01.03.1954 die Netze in sieben Kilometer Entfernung
zum Bikini Atoll aus, als plötzlich ein riesiger Feuerball aufstieg. Kurz
darauf traf die Druckwelle des weltweit ersten Wasserstoffbombentests das
Schiff. Die Detonation war 1000mal stärker als die Atombombenexplosion von
Hiroshima. Noch bevor die Fischer das Gebiet verlassen konnten, regneten
hochradioaktive Partikel aus
pulverisiertem Korallenstaub auf die Männer herab. Als Folge der atomaren Verstrahlung litt die
Besatzung bereits bei Ankunft im Heimathafen Yaizu an Übelkeit, Zahnfleischbluten
und Kopfschmerzen. Nur sechs Monate nach dem Vorfall, bei dem noch über eintausend weitere Fischerboote sowie deren Fang verstrahlt
wurden, verstarb der Bordfunker
Aikichi Kuboyama im Alter von 40 Jahren an den Folgen der Strahlenkrankheit.
1976 wurde in Tokyo die „Daigo Fukuryu Maru Exhibition Hall“ eröffnet. Hier
mahnt neben dem Schiff selbst und einer begleitenden Ausstellung, u. a. das
frühere Besatzungsmitglied Matashichi Oishi: „Hiroshima, Nagasaki, Bikini,
Fukushima - nie wieder soll jemand erleben, was ich erleben musste!“
... kappa?
Der japanische Volksglauben kennt unzählige Fabelwesen. Am
bekanntesten ist vermutlich das kappa. Bereits im 17. Jahrhundert findet es
Erwähnung und wird ursprünglich wegen seines bevorzugten Lebensraumes kawako –
Flusskind – genannt. Trotz seiner geringen Körpergröße gilt es zunächst als
gefährlicher Dämon, der Kinder verschlingt und Menschen wie Tieren die inneren
Organe aussaugt. (Die unappetitliche Art und Weise lesen Sie bitte selbst unter
dem Begriff shirikodama nach). Um seine
Stärke zu beweisen, misst es sich leidenschaftlich mit Menschen im Sumo-Ringen.
Dabei verfügt das kleine Wesen über enorme Kräfte – jedoch nur solange die
Kerbe auf seinem Kopf mit Flüssigkeit gefüllt ist. Im Laufe der Zeit ändern
sich die Schilderungen. Das kappa wird nun als frech, aber harmlos beschrieben.
Es spielt Streiche und stiehlt Gemüse, vor allem Gurken – seine Lieblingsspeise.
Menschen, die ihm wohlgesonnen sind, verrät es jedoch allerlei nützliches
Wissen. Heute ist das kappa weiterhin als Animee- und Manga-Charakter oder
Werbefigur populär. Im Alltag begegnet es uns in Sprichwörtern oder als
Namensgeber einer Sushi-Restaurant-Kette.
Wie bedanken uns bei Frau Dr. Kuhlmann-Edagawa für die
wunderschöne Illustration und die Erlaubnis zur Veröffentlichung.
... hina-matsuri?
Hina-matsuri, auch Puppen- oder Mädchenfest genannt, wird in Japan jedes Jahr am 03. März gefeiert. Der Brauch als Ausdruck des Wunsches nach Wohlergehen und Glück für die Töchter Puppen in traditionellen, festlichen Gewändern aufzustellen, kam vermutlich im 8. Jahrhundert aus China nach Japan und sollte die Mädchen vor bösen Geistern und Dämonen schützen. Die hina-matsuri-Figuren zeigen das japanische Kaiser-Paar, sowie dessen höfisches Gefolge, das u. a. aus Hofdamen, Ministern und Musikern besteht. Kaiser und Kaiserin (o-dairi-sama) sind dabei selbstverständlich die wertvollsten Figuren und stehen stets ganz oben auf dem stufenförmigen Regal, dem hina-dan. Zum Abschluss des hina-matsuri werden sämtliche Miniaturen sorgsam in Schachteln verpackt und bis zum nächsten Jahr aufbewahrt. Meistens wird das gesamte Set von Generation zu Generation den Töchtern des Hauses vererbt und ist damit eine wahre Familienkostbarkeit. Doch Achtung: Das Ende des Festes darf nicht versäumt werden. Sind die Puppen länger als einen Monat aufgebaut, soll dem Brauch nach die Tochter unverheiratet bleiben.
... Ama?
Die Geschichte der Ama (wörtl. „Meerfrauen“) reicht weit über 1000 Jahre zurück und findet in der Literatur und Malerei früh Erwähnung. Ohne Atemgerät, oft nur mit Hilfe eines mit Steinen beschwerten Gürtels, suchen sie in einer Tiefe von 10-12m, zum Teil sogar 20m, am Meeresgrund nach Muscheln, Schnecken und Algen. Die Frauen arbeiten zusammen in kleinen Gruppen und leben gemeinsam in einer Amagoya genannten Hütte.
Die traditionelle weiße Tauchbekleidung, iso-gi, ist im Lauf der Zeit modernen Neoprenanzügen gewichen. Und auch an den ehemals lukrativen Gewinnen – während der 6-monatigen Saison war geübten Ama ein Einkommen von 65.000EUR möglich – verdienen heute Genossenschaften mit, die den Verkauf der Meeresfrüchte organisieren. Doch die enge Verbundenheit der Ama mit dem Meer hält ein Leben lang. 70-jährige Taucherinnen sind keine Seltenheit.
... kamishibai?
Das Geräusch der hölzernen hyoshigi kannte in den 1920er Jahren in Japan fast jedes Kind, denn die Klangblöcke kündigten den Beginn des kamishibai – des Papiertheaters - an. Mehrere tausend Geschichtenerzähler fuhren zu dieser Zeit mit dem Fahrrad durch die Straßen zu ihrem Publikum. In einem auf dem Gepäckträger montierten Rahmen waren meist 8-12 Bildtafeln eingeschoben, die seitlich nacheinander herausgezogen werden konnten. Dazu trug der Sprecher populäre Fabeln, Märchen, aber auch Abenteuer- und Heldengeschichten vor. Die Vorführungen waren kostenlos, den Lebensunterhalt verdienten sich die Geschichtenerzähler mit dem Verkauf von Süßigkeiten während der Veranstaltungen.
Das kamishibai, inzwischen um weitere Genre wie Krimis und westliche Actionfiguren ergänzt, war bis in die 1950er Jahre in Japan sehr beliebt, bevor Kino und TV das Papiertheater langsam verdrängten. Dank seiner Vielseitigkeit ist das kamishibai jedoch nie vollständig verschwunden, sondern wird immer noch im Vorschulbereich verwendet. In japanischen Büchereien sind heute sogar tragbare kamishibai-Bühnen auszuleihen.
Gerne bieten wir Ihnen kamishibai-Vorführungen für Gruppen oder Kindergeburtstage an und verleihen auf Anfrage auch ein Bühne mit entsprechenden Geschichten-Sets.
... Go?
Go ist mit seiner über 4000-jährigen Geschichte das vermutlich älteste Brettspiel der Welt. In Japan genießt Go ein hohes Ansehen und wird dort von schätzungsweise 10,5 Mio. Spielern betrieben. Das Regelwerk ist überraschend einfach, doch die Anzahl der möglichen Züge über-steigt dabei die Komplexität des Schachs um ein vielfaches. Zwei Spieler setzen auf einem Brett mit 19x19 Linien abwechselnd ihre schwarzen bzw. weißen Steine auf die Schnittpunkte. Es gilt ein möglichst großes Gebiet mit den Ketten oder Gruppen der eigenen Steine zu umschließen, wobei auch gegnerische Steine geschlagen werden können.
Der Nihon Kiin in Tokyo, die weltweit größte Vereinigung professioneller Go-Spieler, informiert in seinem Museum über die Geschichte des Go, organisiert Kurse und Turniere und hält zudem ein umfangreiches Angebot an entsprechender Fachliteratur, sowie Spielsteinen und –brettern bereit.
... haiku?
Sommergras ist alles, was blieb vom Traum des Kriegers
Die japanische Literatur hat mit dem haiku die vermutlich weltweit kürzeste Lyrikform hervor-gebracht. Das dreizeilige Gedicht besteht aus jeweils nur fünf, sieben und noch einmal fünf Lauten, den sogenannten Moren. Dies ist eine Besonderheit der japanischen Sprache, die bei Übersetzungen häufig dazu führt einen 5-7-5-Silben-Rhythmus zu verwenden. Gemein ist allen haiku, was so viel wie heiterer Vers bedeutet, ein Natur- und Jahreszeitenmotiv.
Hervorgegangen ist das haiku aus den seit dem achten Jahrhundert bekannten haikai no renga und hokku. Diese Gedichte dienten der damaligen Oberschicht zum Zeitvertreib. In geselliger Runde setze man den Vers des Vorgängers thematisch fort. Inhaltlich überwog die Wortspielerei bei diesen Scherzreimen. Erst im 16. Jahrhundert formte sich unter dem historischen Einfluß der Edo-Periode der typische haiku-Stil.
Als bis heute prominentester haiku-Dichter gilt Matsuo Basho (1644-1694), dessen Werke, oftmals in Reisetagebüchern festgehalten und veröffentlicht, die japanische Poesie nachhaltig prägten.
Vielleicht möchten Sie es nun einmal selbst ausprobieren und eigene haiku verfassen. Die Deutsche Haiku Gesellschaft in Frankfurt a. M. ermöglicht Veröffentlichungen und veranstaltet u. a. sogar Wettbewerbe. Also nur Mut – wir wünschen Ihnen viel Erfolg!
Der alte Weiher Ein Frosch springt hinein Das Geräusch des Wassers
... karakuri ningyo?
Die Begeisterung für Roboter hat in Japan weit zurückliegende Wurzeln. Bereits während der Edo-Periode (1603-1867) wurden auf der Basis von Uhrwerken, die sogenannten karakuri ningyo entwickelt. Karakuri bedeutet soviel wie "trickreicher Mechanismus", während ningyo mit "Puppe" übersetzt werden kann. Die karakuri-Automaten wurden neben der Verwendung für das no-Theater (butari karakuri) und für religiöse Feierlichkeiten (dashi karakuri) auch zur privaten Unterhaltung (zashiki karakuri) konzipiert.
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Die wohl bekanteste und zugleich technisch komplexeste karakuri ningyo dieser Art ist der "Junge mit Pfeil und Bogen" (yumi-iri doji), den kein geringerer als Hisashige Tanaka entwarf - der Gründer des Toshiba-Konzerns. Der aufwendige Mechanismus erlaubt der Figur die Ausführung des vollständigen Bewegungsablaufes des Bogenschießens vom Aufnehmen der Pfeile, über das Spannen des Bogens, bis hin zum Abschießen des Pfeils und dem Nachschauen zum Ziel.
… kanji, hiragana
& katakana?
Die
japanische Schrift benutzt gleich drei Schriftsysteme - parallel! Die aus China
stammenden Schriftzeichen, die kanji, sind Sinnbilder, die eine Bedeutung
wiedergeben. Es gibt daher mehrere tausend (!) kanji, die oft zudem noch
jeweils eine chinesische und eine ausschließlich japanische Lesart haben.
Selbst viele Japaner müssen hin und wieder einige Schriftzeichen nachschlagen,
um sie zu verstehen. Im Vergleich zu den kanji sind die jeweils rund 50 Zeichen
der phonetischen Silbenalphabete hiragana und katakana schnell zu lernen. Dabei
werden die katakana für die Namen, Orte und Worte verwendet, die
nichtjapanischer Herkunft sind. Immer häufiger findet auch die lateinische
Schrift Anwendung. Die japanischen
Schulkinder lernen die romaji "nebenbei".
Mit den Silben aus dem hiragana-
bzw. dem katakana-Alphabet gelingt jedoch recht schnell ein unkomplizierter
Einstieg in die japanische Sprache:
こんにちは - Konnichi wa - Guten Tag こんばんは - Konban wa - Guten Abend じゃまた - Ja mata - Bis dann/tschüß ありがとう ございます - Arigato gozaimasu - Vielen Dank すみません - Sumimasen - Entschuldigung おめでとうございます - Omedeto gozaimasu - Herzlichen Glückwunsch
がんばってください - Ganbatte kudasai - Halte durch/Gibt nicht auf
Selbstverständlich
lassen sich auch einige kanji recht schnell einprägen und verstehen:
一 - ichi - eins
二 - ni - zwei
三 - san - drei
人 - hito - Mensch
大 - okii - groß
川 - kawa - Fluss
山 - yama - Berg 中 - naka - Mitte
上 - ue - oben
下 - shita - unten
木 - ki - Baum Dann
bedeutet 森 (mori) .... ?
Zugegeben, ein einfacher Start in die Welt der
Schriftzeichen, nicht wahr? Aber
Vorsicht! Die Aussprache und Bedeutung ändert sich bereits, wenn mehrere kanji
zusammengesetzt werden.